Historische Gründächer: Ihr Entwicklungsgang bis zur Erfindung des Eisenbetons
Jana Ahrendt

Diese Dissertation beschäftigt sich mit einer Kombination von Natur und Architektur in Form von Dachgärten, welche auch poetisch als „hängende Gärten“ bezeichnet werden. Das Thema wird nur bis zur bestimmten Zeitperiode- der Entdeckung des Eisenbetons am Ende des 19. Jahrhunderts- betrachtet. Bis zu diesem Punkt gibt es nur geringfügige archäologische Befunde und literarische Überlieferungen von begrünten Substruktionen oder Dächern, deswegen bestehen viele Unklarheiten. Außerdem fehlt es an moderner Literatur, wo sämtliche vorhandene Informationen zusammengefasst wurden. Diese Arbeit dient dazu, folgende Fragen zu beantworten: Auf welchen Unterbauten wurden historische Dachgärten errichtet? Welche Baumaterialien wurden zum Abdichten von Decken unter Grünanlagen verwendet? Welche Wasseranlagen wurden für die Bewässerung der hoch liegenden Gärten installiert? Wie wurden diese Dachgärten ausgestattet, womit bepflanzt und für welche Anlässe benutzt? Außer diesen praktischen Fragen, wird noch eine kulturelle Frage gestellt: Was bewog die Menschen seit alters her, trotz der unfassbaren Schwierigkeiten und kolossaler Kosten, Gärten in der Höhe der Dächer zu schaffen? Diese Fragen werden anhand von Beispielen aus verschiedenen Erdteilen und Zeitaltern aufgeklärt. Dafür werden hundert historische Beispiele in einem Katalog zusammengestellt, um sie jede Epoche der Reihe nach zu vergleichen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese kontinuierliche historische Verbindung führt in unsere Zeit. Es ist sehr wichtig und erkenntniswert die Ursprünge des heute so aktuellen Gründaches zu untersuchen. Die Gründachgeschichte fing im Alten Ägypten an, vor zirka viertausend Jahren. Sie wurde in Assyrien fortgesetzt und erreichte ihren Höhepunkt in Babylon in den Hängenden Gärten der Semiramis (um 600 v. Chr.?). Diese Gärten sind wohl das bekannteste Beispiel von allen irgendwann errichteten Dachgärten. Obwohl nicht hundertprozentig bewiesen ist, dass sie wirklich existierten, bewegen sie seit dem Altertum fortwährend die Phantasie von Literaten, Malern und Architekten. Von diesem Bautyp wurden das Alte Griechenland, das Alte Rom und das Oströmische Reich besonders inspiriert, wo Dachgärten sich nicht nur als ein kaiserliches Privileg erwiesen, sondern auch in den bürgerlichen Häusern weit verbreitet waren. Nach dem kurzen Tiefstand im Mittelalter erreichten hängende Gärten ihre wahre Blütezeit in der Renaissance, als mit dem antiken Geist auch die Gartenkultur der Antike wieder auflebte. Die hängenden Gärten der Renaissance waren dazu berufen, ein Herrscherverhältnis des Menschen über die Natur zu demonstrieren. In der Zeit des Klassizismus und der Romantik wurde das Gründach, dank zahlreicher Entwürfe der Revolutionsarchitekten zum ersten Mal in seiner Geschichte zum Prinzip einer modernen Architektur gemacht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trugen einige moderne Erfindungen zu Konstruktionen und Materialien für Flachdächer dazu bei, dass ihre Errichtung und Begrünung wesentlich erleichtert wurde. Den entscheidenden Durchbruch brachte dabei die Entdeckung des Eisenbetons.